oHealth

Kapitel III

Group 22

Was sind die Handlungsräume für Pflegeeinrichtungen?

Ob kleine Pflegewohngruppe oder grosse Pflegeeinrichtung – das Thema Geruch kann entsprechend den lokalen Gegebenheiten und vorhandenen Ressourcen auf unterschiedlichen Ebenen und mit unterschiedlichen Mitteln bearbeitet werden.

Die Geruchsmanagement-Matrix ist aus Beobachtungen und Interviews in Pflegeeinrichtungen entstanden. Sie kann Pflegeeinrichtungen als Orientierung dienen, um Lücken zu identifizieren und Massnahmen zu definieren.
Geruchsmanagement-Matrix

«Die drei Handlungsräume und -ebenen erlauben einen individuellen Zugang, je nach lokalen Gegebenheiten und vorhandenen Ressourcen.»

Die Geruchsmanagement-Matrix ist aus Beobachtungen und Interviews in Pflegeeinrichtungen hervorgegangen. Für einen gelingenden Umgang mit dem Thema Geruch zur Förderung des Wohlbefindens lassen sich Handlungen in drei Felder einordnen:

 

  1. die Förderung einer offenen und empathischen Kommunikation über das Thema 
 Geruch unter den Mitarbeitenden, Bewohnenden und Angehörigen
  2. die Kontrolle von unangenehmen Geruchsbildungen durch Prävention und 
 Intervention
  3. der Einsatz von Wohlgerüchen als Ressource durch das Hervorbringen von 
 alltäglichen und speziellen Wohlgerüchen

 

In diesen drei Handlungsfeldern können sowohl Einzelpersonen, Gemeinschaften und der Betrieb aktiv sein. Es empfiehlt sich mit dem Handlungsfeld a) zu starten, da eine offene Kommunikation die Grundlage für die gemeinsame Gestaltung der Geruchsumgebung ist. Zentral für ein erfolgreiches Geruchsmanagement ist anschliessend die Kontrolle von unangenehmen Geruchsquellen durch präventive Massnahmen und Interventionen (Handlungsfeld b). Wichtig ist, unangenehme Gerüche nicht einfach zu überduften, sondern diese zuerst zu neutralisieren. 
Sind unangenehme Geruchslasten neutralisiert, können bei Bedarf angenehme Wohlgerüche eingesetzt werden, um das Wohlbefinden zu fördern (Handlungsfeld c).

Das Modell lässt sich auf unterschiedliche Situationen und Kontexte anwenden und dient als Orientierung und Diskussionsgrundlage, z. B. in einer Situation im Bewohnendenzimmer oder auf betrieblicher Ebene bei der Planung eines Neu- oder Umbaus.

David Kohlhof,
Geschäftsleiter, GFA Grünau

Eine visuelle und kommunikative Begleitung macht das Thema sichtbar und schaffte einen spielerischen und inspirierenden Zugang.
Vorgehen

«Mit minimalem Aufwand das Maximum herausholen – Geruchsmanagement als Jahresziel definieren und ein Thema pro Monat bearbeiten.»

Geruchsmanagement ist ein Querschnittsthema, das alle Ebenen und Bereiche einer Pflegeeinrichtung betrifft. Es bedeutet, die geruchsbildenden Faktoren zu kontrollieren und Geruch als Ressource zur Förderung des Wohlbefindens gezielt einzusetzen. Die Komplexität des Themas kann abschrecken und dazu führen, dass man nicht weiss, wie sich dies am besten und sinnvollsten umsetzen lässt.

Um diese Komplexität zu reduzieren, entwickelten wir gemeinsam mit unserem Praxispartner, dem Gesundheitszentrum fürs Alter Grünau (Stadt Zürich), eine Schritt-für-Schritt-Methode.

Das GFA Grünau definierte das Thema Geruchsmanagement als eines seiner Jahresziele. Auf Basis der Geruchsmanagement-Matrix wurde eine Ist-Analyse durchgeführt und davon ausgehend für jeden Monat ein Thema in Form einer Fragestellung formuliert. Diese Fragestellungen wurden während eines Monats bereichsintern und bereichsübergreifend bearbeitet, angeleitet von den Bereichsleiter:innen und in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden, Bewohnenden und Angehörigen. Bei Themen, die den einen Bereich stärker betroffen haben als den anderen (z. B. die Aromapflege), war es dennoch wertvoll, dass Mitarbeitende aus den anderen Bereichen die Gelegenheit hatten, z. B. an Workshops mitzumachen und selber die Erfahrung im Einsatz mit ätherischen Ölen und deren Wirkung zu sammeln.

Begleitet wurden die Monatsthemen von einem Workshop, Fachinput oder einer Veranstaltung. Zu Beginn jedes Monats wurde am Rapport der Geschäfts- und Bereichsleitung das neue Thema mit einem kurzen Input durch das oHealth-Team eingeführt. Einen Monat später wurden die gesammelten Erfahrungen und entwickelten Lösungen zusammengetragen und diskutiert, bevor das neue Thema eingeführt wurde. Während des Monats tauschten sich die Beteiligten und das oHealth-Team informell aus. Mit diesem Vorgehen konnten die Bereichsleitenden die Fragestellungen selbstständig mit ihren Mitarbeitenden nach Möglichkeiten und Relevanz des Themas bearbeiten.

Als wertvoll stellte sich die visuelle und kommunikative Begleitung in Form von Postern, Flyern und Hilfsmitteln wie dem Geruchstagebuch heraus. Das unsichtbare Thema Geruch wurde damit sicht- und greifbar und schaffte einen ebenso spielerischen wie inspirierenden Zugang, mit dem sich Mitarbeitende, Bewohnende und Angehörige identifizieren konnten.

Das Highlight für die Mitarbeitenden war die Kreation des Signatrue-Dufts «Eau de Grünau» für ihre Pflegeeinrichtung. Der Duft wird in Geruchsneutralisierungsgeräten u. a. im Eingangsbereich eingesetzt und ist als Raumspray verfügbar.

Der Ausguss ist vielen Pflegeeinrichtungen einer der olfaktorischen Brennpunkte. Das GFA Grünau konnte im Rahmen des Forschungsprojektes Geruchsneutralisierungsgeräte von GoodAir testen und hat damit gute Erfahrungen gemacht.
Professionelle Beratung

«Für komplexe olfaktorische Situationen können professionelle Beratung und technische Hilfsmittel angebracht sein.»

In gewissen Situationen können unangenehme Gerüche mit konventionellen Mitteln wie Lüften nicht neutralisiert werden. Besonders in älteren Gebäuden können durch ungünstige Raumkonfigurationen, verbaute Materialien und veraltete Lüftungstechnik Gerüche stagnieren oder sich in andere Räume ausbreiten. Dies kann eine dauerhaft unangenehme Geruchssituation zur Folge haben. Situationsbezogen können krankheitsbedingte Ursachen wie z. B. Wunden eine starke Geruchsbildung entwickeln, die sich nicht vermeiden lässt und für die Pflegenden herausfordernd sein kann.

Für solche Situationen bietet es sich an, eine professionelle Beratung hinzuzuziehen. Zu körperlichen und krankheitsbedingten Ursachen bieten häufig die Vertreiber:innen von Pflegeutensilien, Verbands- und Inkontinenzmaterial Beratung zum optimalen Einsatz ihrer Produkte sowie zur Geruchsprävention und -neutralisierung an. Bei unangenehmen Geruchsbildungen aufgrund baulicher und gebäudetechnischer Ursachen gibt es Hersteller von Geruchsneutralisierungssystemen und -produkten. Das Spektrum hierzu ist breit und reicht von einfachen Neutralisierungsprodukten zum Aufstellen (z. B. von Skywell) über einfache Kompaktlösungen zur Neutralisierung und Beduftung (z. B. von CWS), über Geräte für grössere Raumvolumen und Geruchslasten (z. B. von GoodAir) bis hin zu Technologien mit leitfähiger Luft (z. B. von S-Lite), die als mobile Schrankgeräte z. B. auf Demenzstationen eingesetzt oder bereits bei Neu- und Umbauten in die Lüftungen integriert werden können.

Für weiterführende Informationen und Empfehlungen dürfen Sie gerne das oHealth-Team kontaktieren.

Group 6
Nachhaltige Implementierung

«Geruchsmanagement ist ein fortlaufender und offener Prozess, in den sich interessierte Mitarbeitende, Bewohnende und Angehörige einbringen können.»

Entschliesst sich eine Pflegeeinrichtung, das Thema Geruchsmanagement anzugehen und Ressourcen dafür bereitzustellen, ist es sinnvoll, die gewonnenen Erkenntnisse festzuhalten und die Ist-Situation regelmässig zu überprüfen und wo nötig neue Massnahmen zu treffen, um den gewünschten Soll-Zustand zu erreichen.

Der Umgang und die Kultur mit dem Thema Geruch werden wesentlich von den Mitarbeitenden geprägt, deren Wissen im regelmässigen Austausch auch darüber zunimmt. So bleiben neue Erkenntnisse nicht nur an eine Person gebunden. Die Integration dieses Themas in wöchentliche oder monatliche Sitzungen oder Rapporte muss nicht viel Zeit beanspruchen. Im Idealfall wird es ein selbstverständlicher Teil der Kultur und des Qualitätsmanagements einer Pflegeeinrichtung.

Für neue Mitarbeitende kann der Umgang mit dem Thema Geruch z. B. in Form eines Geruch-Manifests vermittelt werden und die wichtigsten Entscheide können wo nötig schriftlich festgehalten und zugänglich gemacht werden.

Doch wichtiger als Leitfäden und Richtlinien im Umgang mit Geruch zu verfassen ist es, den Mitarbeitenden das Verständnis von Geruch als gestaltbare Dimension zu vermitteln, mit der eine angenehme gastfreundliche Atmosphäre gestaltet werden kann, die Pflegeeinrichtungen sowohl als Arbeitsorte wie auch als Wohn- und Besuchsorte attraktiv erscheinen lässt. In den meisten Pflegeeinrichtungen gibt es Personen, die zu dem Thema geschult (z. B. Aromapflege) oder dafür sensibilisiert sind. Diese können als Multiplikatoren eingebunden und unterstützt werden, um den Umgang mit dem Thema im Praxisalltag vorzuleben und anzuleiten.