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Kapitel III
Handlungsräume und -ebenen

Group 17

Prävention und Neutralisierung

Das A und O im Umgang mit Gerüchen ist die Kontrolle der geruchsbildenden Faktoren. Mit präventiven Massnahmen, eingespielten Abläufen und den richtigen Hilfsmitteln lässt sich die Ausbreitung von unangenehmen Gerüchen auf ein Minimum reduzieren.

Individuelle Ebene

«An Orten, wo viele Menschen zusammen wohnen, leben und arbeiten, braucht es von allen einen verantwortungsvollen Umgang mit geruchsbildenden Faktoren.»

In Pflegeeinrichtungen teilen sich auf engstem Raum viele Menschen verschiedene Räume mit unterschiedlichen Funktionen. Das bringt für jede Person die Verantwortung mit sich, für die Geruchsumgebung Sorge zu tragen.

Aus olfaktorischer Sicht sind es als unangenehm empfundene Gerüche, die unser Wohlbefinden stören. Daher geht es primär darum, unangenehmen Gerüchen präventiv vorzubeugen. An Orten, wo gepflegt wird, gehören urmenschliche Gerüche wie Urin, Stuhl, Erbrochenes oder riechende Wunden zum Alltag dazu. Ziel soll nicht sein, dass diese Gerüche nicht mehr existieren dürfen, sondern einen natürlichen Umgang mit ihnen zu finden und Strategien bereitzuhaben, um ihre Ausbreitung zu minimieren und sie zu neutralisieren.

Auf der individuellen Ebene kann jede Person bereits mit kleinen Gesten zu diesem Ziel beitragen. Dies fängt bei der eigenen Körperhygiene, der Kleidung, den Schuhen und den unmittelbaren Dingen, mit denen wir uns umgeben, an. Unser persönliches olfaktorisches Erscheinungsbild befindet sich in stetem Wandel: Das am Morgen aufgetragene Parfüm oder Aftershave verflüchtigt sich; durch Aktivitäten fangen wir an zu schwitzen; Speisen, Getränke und Zigaretten beeinflussen unseren Mundgeruch. Durch das regelmässige Überprüfen unseres Körpers als Geruchsraum können wir vermeiden, dass sich andere Menschen gestört fühlen.

Nebst unserem Körper und seinen Gerüchen sind es unsere Handlungen und Aktivitäten, mit denen wir unser Geruchsumfeld beeinflussen. Auch hier können wir präventiv handeln, indem wir uns Strategien zur Kontrolle von möglichen Geruchsquellen überlegen: Fenster öffnen, Türen schliessen, Reinigungs- und Hilfsmittel bereitstellen, Abfallsäcke und -eimer verschliessen und bei herausfordernden oder langfristigen Situationen Kolleg:innen oder externe Expert:innen um Rat fragen.

Auch Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände können mit der Zeit anfangen zu riechen. In Bewohnendenzimmern sind es besonders die Teppiche, Sessel, Sofas oder Kissen, die Flüssigkeiten aufsaugen, sich schwer reinigen lassen und so zu unangenehmen Geruchsträgern werden. Gleichzeitig haben diese Dinge oft einen hohen emotionalen Wert und halten Erinnerungen lebendig. Hier gilt es für die Mitarbeitenden, im Gespräch mit den Bewohnenden und Angehörigen eine für alle passende Lösung zu finden.

Der Pflegeberuf ist körperlich anstrengend. Besonders an heissen Sommertagen. Mit einer erfrischenden Dusche über Mittag und frisch gewaschenen Kleidern tut man sich selbst und den Bewohnenden und Kolleg:innen etwas Gutes.
Teppiche, Sofas, Kissen und Schuhe saugen Flüssigkeiten auf, lassen sich schwer reinigen und können für unvertraute Nasen streng riechen. Für einen angenehmen Raumgeruch und aus Rücksicht auf die Pflegenden kann bei hygienisch grenzwertigen Zuständen eine frühzeitige Trennung von den Dingen von Seiten der Bewohnenden angebracht sein.
Gemeinschaftliche Ebene

«Um unangenehmen Geruchssituationen vorzubeugen, ist ein Zusammenspiel aller involvierten Akteure nötig.»

In gewissen Situationen sind wir froh, wenn uns Kolleg:innen auf von uns ausgehende unangenehme Gerüche hinweisen. Zum einen gewöhnen wir uns an unsere eigenen Gerüche und zum anderen haben andere vielleicht eine empfindlichere Nase und merken, wenn wir das Parfüm am Morgen etwas zu grosszügig aufgetragen haben oder wenn unser T-Shirt an einem heissen Tag zu riechen beginnt.

Auf der gemeinschaftlichen Ebene können besonders situationsbezogene Gerüche präventiv angegangen und gelöst werden – sei es ein stark riechender Käse, der im Kühlschrank in der Gemeinschaftsküche für Aufmerksamkeit sorgt, oder seien es geruchsintensive Aufgaben rund um die Pflege und Versorgung von Bewohnenden.

Um Missverständnisse und Interessenskonflikte zu vermeiden, ist der in Kapitel 1 beschriebene offene und empathische Umgang wichtig. Bereits durch kleine Anpassungen an Gewohnheiten und Abläufe oder durch kleine Interventionen wie dem Öffnen von Fenstern oder dem Schliessen von Türen kann viel erreicht werden.

Ähnlich, wie Helligkeit, Temperatur oder Akustik zu einer angenehmen Raumatmosphäre beitragen können, verhält es sich in geruchssinnlicher Hinsicht: Auch diese Dimension lässt sich gemeinsam gestalten. So können beispielsweise in Gesprächen neue Ideen entstehen, wie sich olfaktorische Probleme im Idealfall von vorneherein verhindern oder sonst zumindest beheben lassen, damit auf die Bedürfnisse aller involvierten Personen Rücksicht genommen wird.

«Die Geschäftlseitung muss das Thema tragen und den Impuls geben, damit danach in den einzelnen Bereichen Eigeninitativen entstehen und gefördert werden können.»


Andreas Madlener,
Leiter Hotellerie und stv. Geschäftsleiter,
Gesundheitszentrum das Alter Grünau,
Stadt Zürich
Betriebliche Ebene

«Sensibilisierte Führungskräfte und eingespielte Abläufe sind zentral für die Prävention und Neutralisierung von unangenehmen Gerüchen.»

Die Betriebe tragen in verschiedenen Hinsichten eine grosse Verantwortung hinsichtlich der Geruchsumgebung in ihrem Haus. Da Gerüche eine wichtige Rolle für unser Wohlbefinden und damit für das soziale Zusammenleben in Pflegeeinrichtungen spielen, bietet sich Betrieben die Möglichkeit, durch die Gestaltung einer neutralen oder angenehmen Geruchsatmosphäre seine Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden, Bewohnenden und externen Gästen auszudrücken.

Für Mitarbeitende hat die Geruchsumgebung mit Arbeitsergonomie zu tun. Konstant störende Gerüche an einem Arbeitsplatz beeinträchtigen das Wohlbefinden und als Folge die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Es gibt Beispiele von Häusern, in denen die Geruchsumgebung als Grund gesehen wurde, warum die Pflegenden kündigten. Dass man im Pflegeberuf situationsbezogen mit unangenehmen Körpergerüchen konfrontiert ist, gehört zum Pflegeberuf dazu. Doch wenn wegen mangelnder Gebäudetechnik und alter Bausubstanz ein konstant unangenehmer Geruch die Atmosphäre prägt, liegt es im Verantwortungsbereich des Betriebs, notwendige Gegenmassnahmen einzuleiten.

Nebst den Mitarbeitenden betrifft die Gesamtgeruchsatmosphäre natürlich die Bewohnenden, Angehörigen und sonstige externe Besuchende. Können unangenehme Gerüche nicht durch situative Ereignisse erklärt werden, weckt das Interpretationsräume hinsichtlich der Pflege- und Reinigungsqualität. Genauso bei Gerüchen zur falschen Zeit am falschen Ort. Riecht es am Nachmittag in der Cafeteria noch nach Mittagessen anstatt nach frischem Kaffee und Kuchen, entspricht das nicht unseren Erwartungen an eine Cafeteria. Denn da erwarten wir Gerüche wie Kaffee und Kuchen.

Auf betrieblicher Ebene können bereichsübergreifende Massnahmen beschlossen werden, um unangenehmen Geruchssituationen präventiv zu begegnen oder sie effizient zu neutralisieren. Die effizienteste Methode lautet immer noch «lüften, lüften, lüften». Weiter können dies sein: die Überprüfung und Anpassung bereichsübergreifender Reinigungs- und Entsorgungsabläufe, die Abstimmung bei der Beschaffung von neuen Produkten wie Reinigungsmitteln, die Beschaffung von technischen Hilfsmitteln wie Vakuumverpackungsanlagen für Abfallsäcke oder Geruchsneutralisierungsgeräte und -produkte für neuralgische Räume wie Garderoben, Ausgüsse, Containerräume etc. Ebenfalls können Themen hinsichtlich der Gebäudetechnik angegangen werden, z. B. um die Lüftungen im Ausguss zu prüfen.

Bereits durch kleine Interventionen wie dem Schliessen von Türen zu bestimmten Zeiten oder einem bereichsübergreifenden Lüftungskonzept kann mit wenig Aufwand gemeinsam viel erreicht werden. Bereichsübergreifende Initiativen benötigen zwar etwas mehr Absprache, dafür haben sie eine nachhaltige und grössere Wirkung.

Im Laufe der Zeit gilt es immer wieder nachzuprüfen, ob und wo es riecht. Denn es kann eine sogenannte Adaptation eintreten, d. h. eine Gewöhnung an den Geruch, dem man längere Zeit ausgesetzt war. Bei einem Duftüberfluss wird die Reizantwort reduziert, was dazu führt, dass wir nicht riechen bzw. nicht merken, dass es riecht. Daher gilt es, das eigene Umfeld durch Kolleg:innen nachprüfen zu lassen bzw. dasjenige der Kolleg:innen selber zu kontrollieren.

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