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Kapitel III
Handlungsräume und -ebenen

Group 9

Empathie und Kommunikation

Für die gemeinsame Gestaltung einer angenehmen Geruchsumgebung ist es wichtig, seine eigenen Bedürfnisse und diejenigen der Mitmenschen zu kennen. Eine offene und empathische Kommunikation bildet dazu die Grundlage.

Individuelle Ebene

«Sich seiner persönlichen olfaktorischen Vorlieben und Abneigungen bewusst zu sein, ist der erste Schritt für eine offene und empathische Kommunikation.»

Jeder Mensch ist mit seinen Handlungen und körperlichen Ausdünstungen sowohl Gestaltender wie auch Wahrnehmender der Geruchsumgebung.

Welche Gerüche wir als angenehm oder unangenehm bewerten und wie sensibel wir auf Geruchswahrnehmungen reagieren, ist individuell und hängt von verschiedenen Faktoren wie biografischen Ereignissen, sozio-kultureller Prägung und der Empfindlichkeit unserer Nase ab.

Ein Geruch wie z. B. Lavendel, der in der Aromapflege häufig eingesetzt wird, kann von einer Person als angenehm und von einer anderen Person als unangenehm empfunden werden. Dasselbe gilt für die Intensität des Geruchs. Was für die eine Person als intensiv und störend empfunden wird, nimmt eine andere Person vielleicht gar nicht wahr.

Wir können also nicht davon ausgehen, dass unsere eigene Wahrnehmung von Gerüchen auch für unsere Mitmenschen gilt. Gerüche werden unterschiedlich wahrgenommen und wirken unterschiedlich auf unser Wohlbefinden. Dies gilt es in der Kommunikation über Geruchssituationen im Praxisalltag zu beachten.

«Herausfordernde Geruchssituationen beschäftigen die Mitarbeitenden. Das Thema darf nicht ignoriert werden. Vorgesetzte müssen es aktiv ansprechen. »

Josepha Hurkmans, Pflegedienstleiterin, GFA Grünau
Gemeinschaftliche Ebene

«Gemeinsame Geruchstagebücher, Workshops und Veranstaltungen bieten einen spielerischen und interpersonellen Zugang.»

Um auf der gemeinschaftlichen Ebene einen offenen und empathischen Umgang mit dem Thema zu fördern, bieten sich verschiedene Formate an, die Mitarbeitenden, Bewohnenden und Angehörigen ermöglichen, das Thema individuell und gemeinsam zu entdecken und ihre Erfahrungen zu reflektieren und zu diskutieren.

Als ausseralltägliche Massnahme bieten sich z. B. Geruchstagebücher an. Sie werden in Tandems von Mitarbeitenden und Bewohnenden zusammen ausgefüllt. Durch den so entstehenden Dialog werden beide Seiten für die Situation der anderen Person sensibilisiert und Hemmschwellen, um über das Thema zu sprechen, gesenkt. Ebenfalls eignen sich Workshops und Vorträge mit Diskussionsrunden, um das Thema auf inspirierende und spielerische Art und Weise einzuführen.

Im Praxisalltag eignen sich für Mitarbeitende und Vorgesetzte regelmässige Gruppen-Rapporte, um Geruchsthemen anzusprechen, Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam Ideen und Lösungen zu entwickeln. Alleine schon das Wissen, dass Kolleg:innen mit gewissen Situationen auch Mühe haben, kann wertvoll sein, um mit einer anspruchsvollen Situation klarzukommen. Um jemand auf einen intimeren Aspekt anzusprechen (wie stark riechende Schuhe in der Garderobe, Schweissgeruch, zu starker Parfümgeruch), eignen sich Einzelgespräche.

Die Aktivierung bietet für Bewohnende einen Zugang, um mit kreativen Ansätzen wie dem Basteln von Lavendelsäcklein über das Thema Geruch zu sprechen. Auch beziehen aufmerksame Küchenchefs Bewohnende bei der Menüplanung mit ein und nutzen diese Sitzungen gelegentlich für Geschmacks- und Riechtests.

Auch wissen viele Bewohnende spannende Geruchsanekdoten aus ihrer Kindheit oder dem jungen Erwachsenenalter zu erzählen. Oft sind es bedeutende Ereignisse oder Lebensphasen, nach denen gefragt werden kann. Wie hat es z. B. bei den Bewohnenden zu Hause gerochen, wo sie aufgewachsen sind? Welchen Geruch verbinden sie mit ihrer Kindheit?

Die geruchssinnliche Dimension ist ähnlich wie Helligkeit, Temperatur oder Akustik eine zu gestaltende Komponente, die zur Raumatmosphäre beiträgt und die im gemeinsamen Gespräch ausgehandelt werden kann. Auf diese Weise können neue Ideen entstehen und so umgesetzt werden, dass sie den Bedürfnissen aller involvierten Personen gerecht werden.

Geruchstagebücher sind ein spielerischer Einstieg, um das Thema in Tandems zu erkunden und zu diskutieren.
Betriebliche Ebene

«Für ein koordiniertes und strukturiertes Vorgehen ist es wichtig, dass die Geschäftsleitung den offenen Umgang mit dem Thema Geruch unterstützt.»

Um einen offenen und empathischen Umgang mit dem Thema zu fördern und die Kommunikation in allen Bereichen und auf allen Ebenen anzuregen, ist es wichtig, dass das Thema von der Geschäftsleitung mitgetragen wird. In einem proaktiven Umgang mit dem Thema bietet sich der Geschäftsleitung die Gelegenheit, ihre Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden, Bewohnenden und Angehörigen auszudrücken.

Ein erfolgreiches Geruchsmanagement bezieht alle Bereiche einer Pflegeeinrichtung mit ein. Als regelmässige Austauschformate bieten sich der Geschäftsleitung bestehende wöchentliche oder monatliche Treffen mit allen Bereichsleiter:innen an. An diesen kann das Thema Geruchsmanagement als zusätzliches Traktandum aufgenommen werden. Die Bereichsleiter:innen können anschliessend Fragestellungen und Entscheide in ihren einzelnen Bereichen oder bereichsübergreifend bearbeiten und umsetzen.

In den meisten Häusern und Bereichen gibt es bereits Personen, die im Umgang mit dem Thema geschult, dafür sensibilisiert und interessiert sind. Diese können als Multiplikatoren miteinbezogen und unterstützt werden, um den empathischen und offenen Umgang mit dem Thema im Alltag zu fördern.

Die Arbeit am Thema Geruch in einer Pflegeeinrichtung bedingt eine offene und vertrauensvolle Kultur. Vertrauensfördernd wirkt eine klare Kommunikation von der Geschäftsleitung und den Führungspersonen, dass das Thema von der Geschäftsleitung mitgetragen und unterstützt wird. Dies erleichtert es Mitarbeitenden, Bewohnenden und Angehörigen, ihre Wahrnehmungen, Beobachtungen zu äussern und ihre Ideen konstruktiv einzubringen.

Bereits auf das Thema sensibilisierte Mitarbeitende und Bewohnende können gestärkt werden, um die Kommunikation anzuregen.
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